28.5. – 31.5. Familienbesuch

Meine Eltern nahmen meinen Japanaufenthalt zum Anlass, sich dieses Land auch mal selbst anzusehen. Sie haben sich eine organisierte Rundreise mit Reiseführer gebucht, die in Kyoto endete und diese dann noch um einen Tag verlängert. Damit haben sie schon jede Menge Orte in Japan gesehen, zu denen ich erst noch hin will. Tokyo, Nikko, Kamakura, Hiroshima, Miyajima. Aber das schaffe ich auch noch 😉

Auf jeden Fall habe ich mit ihnen das volle Tourismusprogramm gemacht…

28.5. Gionspaziergang

Am 28.5. kamen sie dann in Kyoto an. Das hatten sie mir vorher glücklicherweise noch mal per Mail geschrieben – ich hatte gedacht, sie würde die Nacht noch in Nara sein.

Am frühen Abend habe ich sie dann in ihrem Hotel abgeholt. Fiedel und gut gelaunt – Japan scheint ihnen wirklich gut gefallen zu haben 🙂 Also habe ich sie erstmal auf den „Willkommen in Kyoto“-Spaziergang geführt. Kreuz und Quer durch Gion, durch die schönen kleinen Gassen, vorbei an Teehäusern, zum Yasaka-Jinja und durch Pontocho. Zum Abschluss sind wir Yakitori essen gegangen – lecker! 🙂 War ein guter Einstieg, würde ich behaupten.

29.5. Higashiyama

HeianAm 29ten hatten meine Eltern noch Programm mit ihrer Reisegruppe, aber so gegen 14 Uhr haben wir uns schon wieder getroffen. Für heute hatte ich mir überlegt, sie einen Teil des Philosphenwegs entlang zu schleppen 😉 Also sind wir erstmal in den Bus gestiegen und sind zum Heian-Jingu gefahren. Dieser Schrein ist erst 1895 erbaut worden und zwar im Stil des Kaiserpalastes der Heian-Zeit. Daher der Name. Der Schrein ist vor allem für seinen Garten berühmt, in den wir natürlich auch rein sind. Leider ist momentan keine optimale Zeit für einen Besuch des Heian-Schreins. Zum einen wurde gerade eine Bühne für eine nächtliche Noh-Aufführung auf dem Gelände errichtet. Zum Anderen blüht gerade kaum etwas im Garten. Zur Kirchblüte muss es dort wirklich traumhaft schön sein – aber wohl auch total überlaufen. Wir hatten jetzt sehr viel Ruhe.

Danach ging es weiter Richtung Süden. Leider war es schon nach 16 Uhr, was bedeutet, dass wir den Chion-In nicht mehr besuchen konnten, aber dafür sind wir noch in den Shoren-In. Ein hübscher kleiner Tempel mit wunderschön bemalten Schiebetüren und einem traumhaften Ausblick auf einen kleinen Garten mit giftgrünem See und Wasserfall.

Wir sind dann zum Abendessen zum Hauptbahnhof gefahren. Die Reiseleiterin meiner Eltern hatte ihnen empfohlen sich in die Fressmeile vom Isetan zu stürzen. Naja, wir sind uns die mal ansehen gegangen, aber ich habe dann sehr schnell beschlossen, dass mir das alles zu „preiswert“ ist. Also sind wir in die Fressmeile der Kintentsu-Mall. Da wollte ich nämlich sowieso mal hin *g* Da ist ein Restaurant neben dem anderen, alle mit diesen hübschen Wachsmodellen. Was natürlich für alle Ausländer total praktisch ist. Da gab es für ein Set aus Okonomiyaki und einer Grillpfanne, an einer heißen, im Tisch eingelassenen Platte. Definitiv empfehlenswert 🙂

30.5. Higashiyama Teil 2 und Fushimi-Inari

Heute hatten meine Eltern kein Programm mehr, deswegen hatte ich ihnen empfohlen morgens zum Fushimi Inari zu fahren. Das scheiterte allerdings an miserablen Wetter. Wir haben uns dann mittags am Bahnhof getroffen und sind erstmal zum Kiyomizu-Dera gefahren. Dieser Tempel liegt auf einem Berg, im Osten von Kyoto. Er stammt aus dem Jahr 789, die aktuellen Gebäude stammen jedoch aus Jahr 1633. Es ist einer der beliebtesten Touristenattraktionen – was man spätestens beim Aufstieg merkt. Unfassbare Menschenmenge und genauso viele Souveniershops 😉 Allerdings gibt es auch sehr viele sehr schöne Porzellangeschäfte. Bis wir oben waren hatte sich das Wetter glücklicherweise wieder von seiner besten Seite gezeigt. Wir wurden von einem wunderschönen rot-weißem Tor vor strahlend blauem Himmel begrüßt.

Kurz hinter dem Tempeltor befindet sich eine Pagode und leicht links davon eine kleine Halle, zu der viele Japaner strüzen, 100 Yen bezahlen, ihre Schuhe ausziehen und in den Keller verschwinden. Die Halle heißt Tainai-meguri. Nur ihre Bedeutung kann ich euch leider nicht erklären. Ich kann nur sagen, dass es ein witziges Erlebnis ist 🙂 Solltet ihr mal dort sein – geht hinein.

Kiyomizu2Das bekannteste Gebäude des Kiyomizu-Dera ist die Haupthalle mit ihrer großen Veranda. Diese steht auf 139 15m hohen Holzpfeilern und ist komplett ohne Nägel gebaut! Von dort aus hat man auch einen tollen Blick über Kyoto.

Kiyomizu1Links hinter der Haupthalle geht es leicht den Berg hinauf. Hier tummeln sich die jungen Japaner, die sich dringend Glück in der Liebe wünschen. Dort sind zwei „Steine der Liebe“ Wer es schafft mit geschlossenen Augen ohne Hilfe von einem Stein zum anderen zu laufen (ca. 18m), dem werde sich bald der Wunsch nach Liebe erfüllen. Wer fehlschlägt, findet sie nicht. Wer Hilfe braucht, wird auch bei der Liebe Hilfe brauchen. Allerdings war es da oben auch so voll, dass man eigentlich keine Chance hat es ohne Hilfe zu schaffen 😉

Dann kann man weiter durch den Garten des Tempels gehen, vorbei an einem Wasserfall, an dem man heiliges Wasser trinken kann.

Ein Besuch beim Kiyomizu-Dera lohnt sich meiner Meinung nach auf jeden Fall. Er ist momentan übrigens auch ein Kandidat für die Sieben Weltwunder der Moderne (www.new7wonders.com).

Weil das Wetter so schön war und wir noch Zeit hatten sind wir dann ganz schnell zum Fushimi-Inarai gefahren. Dafür mussten wir mit der Bahn zwei Stationen nach Süden fahren, aber das ist ja nicht weit, außerdem ist der Schrein wirklich direkt gegenüber des JR-Bahnhofs Inari.

FushimiDer Fushimi Inari wurde im 8 Jahrhundert dem Gott des Reises und des Sakes gespendet. Das Schreingelände besteht aus 5 Schreinen, die auf einem Berg verteilt liegen. Die gesamte Strecke beträgt etwa 4 km und ist bestückt mit einer unzählbaren Menge roter Tore und Steinfüchse (Füchse sind die Boten des Inari). Ziemlich beeindruckend!

Für schöne Fotos war es leider schon zu dunkel. Ebenfalls schon zu spät um die gesamte Strecke zu laufen. Aber es war auch so ein tolles Erlebnis.

Zum Abschluß waren wir Tonkatsu essen, eine Art knuspriges Schnitzel mit Kraut und brauner Sauce.

31.5. Familie trifft Gastfamilie

Als meine Gasteltern gehört haben, dass meine Eltern nach Kyoto kamen haben sie sie gleich zu sich nach hause eingeladen. Das hatten wir uns für den letzten Tag aufgespart, weil mein Gastvater sich da frei nehmen konnte. Also haben meine Eltern den Vormittag alleine verbracht und wir sind dann gegen 17 Uhr in den Zug nach Kameoka gestiegen.

Meine Gasteltern haben sie direkt im fast perfekten Deutsch begrüßt, während meine Eltern selbst nach vielfachem üben noch mit ihrem „arigatou gozaimasu“ kämpfen 😉 Aber die haben ja auch schon mehrere Gastkinder aus Deutschland gehabt.

Die Frage, ob wir schon Hunger hätten, habe ich wahrheitsgemäß und ohne an Hintergedanken zu denken mit nein beantwortet. Woraufhin die Frage kam, ob meine Eltern sich vielleicht gerne ein echtes altes japanisches Wohnhaus ansehen möchten. Da musste ich erstmal stutzen. Wo sollte es denn hingehen? Auf jeden Fall wurde das Angebot mit Begeisterung angenommen. Es ging zu Ichiros Mutter, die gegenüber wohnt und einen kleinen Gemischwarenladen hat. Ich habe sie zwar schon mal vorgestellt bekommen, aber das war es auch eigentlich schon. Für mich war es also auch der erste Besuch in ihrem Haus. Aber vor allem war ich davon überrascht, dass sich hinter dieser potthässlichen Fassade ein so altes Haus verbirgt!

Ein paar Meter durch den Laden kam man in den Eingangsbereich des Wohnhauses, wo meine Eltern sich brav die Schuhe auszogen (nur die Sache mit dem nicht in Socken den Bodens im Genkan betreten hätte ich noch mal mit ihnen üben sollen 😉 War aber kein Problem. Wir wurden dann in einen alten Teeraum geführt, vorbei am Hausaltar. Ein wunderschönes altes Tatamizimmer mit Wandnische, Blumengesteck, tiefem, schweren Holztisch und einem tollen Ausblick auf den Garten. Hier wurden uns Tee (bzw. auch Kaffee) und kleine Süßigkeiten serviert. In einem wilden hin und her zwischen Ichiro, seiner Mutter und meinen Eltern versuchte ich die ganzen Erklärungen zu übersetzen. Angefangen von der Architektur des Hauses über die noch nicht gewechselte Innenausstattung (es war noch alles im Winterstil – also mit dicken Schiebetüren statt Bambusrollen), bis zur Bedeutung der Dekorationselemente. Puh, das war gar nicht so einfach.

Richtig spannend wurde es dann, als die Großmutter kurz im Nebenzimmer verschwand und mit fünf Fächern unterm Arm zurück kam. Drei wunderschöne goldene Tanzfächer und zwei „Alltagsfächer“, einer für den Mann und einen für die Frau. Schon beim Auspacken hatte ich gehofft sie falsch verstanden zu haben… Das klang sehr danach, als ob sie die Alltagsfächer und einen der Tanzfächer meinen Eltern als Andenken schenken wollte. Puh… Sie hat wohl in ihrer Jugend japanischen Fächertanz gemacht, daher stammen die goldenen Fächer noch. Das habe ich meinen Eltern soweit auch versucht zu übersetzen – aber auch gesagt, dass ich hoffe sie falsch verstanden zu haben. Als dann zweimal nachgefragt wurde, welches Motiv meine Mutter den gut gefallen würde, sie würde ihr wirklich gerne einen Schenken, konnte ich sie einfach nicht mehr falsch verstanden haben. Meine Versuche es abzulehnen, weil es zu wertvoll sei, schlugen erwartungsgemäß fehl. Sie entschied sich dann für einen mit Pflaumenblüten. Wirklich ein schöner Fächer! Der wurde dann noch in seine handbestickte Aufbewahrungshülle gesteckt und mit Freuden überreicht. Ich kam aus dem tiefen Verbeugen gar nicht mehr heraus.

Wieder zurück bei meiner Gastfamilie gab es Yakiniku – Indoor Barbecue mit viel Fleisch und viel Gemüse. Bis auf das auf dem Boden sitzen hat es meinen Eltern glaube ich sehr gut gefallen. War auch wirklich ein sehr netter Abend. Und ich bin mit dem Übersetzen auch halbwegs zurande gekommen. Zum Abschied gab es noch mal Geschenke: Briefpapier und ein japanisches Räucherset. Schon ziemlich ungewohnt, wenn der Gast Geschenke kriegt. Natürlich haben meine Eltern auch etwas mitgebracht – unter anderem ein Abalone, das seit dem auch leidenschaftlich gespielt wird.

Den letzten bleibenden Eindruck haben meine Eltern glaube ich kurz vor dem verlassen des Hauses geprägt 😉 Da drückte mir meine Mutter ihre restlichen Yens in die Hand, die sie natürlich jetzt nicht mehr brauchen würde. Wir überschlugen dann noch mal beide den finanziellen Bedarf vor der Rückreise und mir kam es etwas wenig vor, weswegen sie dann noch mal zwei Scheine zurücknahm. Dieses hin und her vom Geld und das in aller Öffentlichkeit ist halt absolut unjapanisch. Aber meine Gastmutter fand es sehr lustig 🙂

Nachspiel dieses Abends für mich war natürlich, mir zu überlegen was ich denn der Großmutter als Gegengeschenk überreichen könnte. Auf meine Frage, ob meine Gasteltern denn was wüssten kam die Antwort: „Uhm.. ne.. nicht wirklich. Am besten wäre es, wenn du einen Brief schreibst, der deine Gefühle ausdrück.“ Irgh. Auf Japanisch? Ja gut. Muss wohl sein 🙂 Damit war ich dann den Freitagvormittag beschäftigt. Es ist eine gute Seite geworden und meine Gastmutter hatte auch nur eine kleine Korrektur zu machen. Ansonsten war sie begeistert. Also noch mal sauber abgeschrieben und vorbeigebracht.

Abends wurden mir dann die besten Wünsche von Ichiro übermittelt, sie hätte sich wahnsinnig gefreut. Hauptgrund war anscheinend eine Floskel, die ich eingebaut habe: „ichi go ichi e“. Das stammt aus der Teezeremonie und heißt etwa „Dieses Zusammenkunft ist einzigartig (und ich werde sie deswegen auch wertschätzen).“ Das kennen anscheinend heute noch nicht mal mehr alle Japaner – aber die Deutsche, die noch Japanisch lernt kennt es und kann es sogar passend einsetzen *g* Das kam sehr gut an *freu*

Und jetzt sind meine Eltern wieder zuhause – im Gepäck ein voller Koffer mit Mitbringseln von mir, die hoffentlich auch alle heil angekommen sind.

2 Gedanken zu „28.5. – 31.5. Familienbesuch

  1. Oh, den letzten Teil des berichtes habe ich genossen. Mit den vielen, vielen Beschreibungen von Gebäuden und Dingen kann ich irgendwie herzlich wenig anfangen (Bis auf dieser 4km lange Weg mit diesen Holzdingern – da will ich irgendwie auch hin, habe davon schon oft Fotos gesehen… das muss real noch genialer sein).

    Wie war das mit den Socken auf Boden? – Ich glaube ich werde in den einen, oder anderen Fettnapf stampfen, wenn ich dich besuchen komme. Oder?

  2. Cool so ein Zusammentreffen der Kulturen.
    Ich hatte ja schon so meine Mühe mit den kulturellen Unterschieden
    als meine spanischen „Schwiegereltern“ auf meine Eltern trafen.
    Nicht auszudenken wie das erst mit Japanern ist…

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