8.6. Kokedera und Arashiyama

Ein weiterer Freitag, ein weiterer Programmpunkt unseres Rahmenprogramms. Heute ging es in den Südwesten Kyotos. Dort gibt es einen Tempel, der für seinen Moosgarten berühmt ist. Eigentlich heißt er Saiho-ji, ist aber bekannter unter dem Namen Kokdera – Moos-Tempel.

Weil das Moos so empfindlich ist darf man diesen Tempel nur mit Anmeldung besuchen. Am Eingang überreicht man dann eine „Spende“, die dem Erhalt des Gartens dienen soll. Man zieht wieder artig seine Schuhe aus und wird erstmal in den Tempel geführt. Hier erwarteten uns geschätzte 200 kleine Schreibbänkchen, in Reih und Glied um den zentralen Altarraum arrangiert. Überall saßen schon fleißig schreibende Japaner. Auch uns wurden Sitzplätze zugewiesen. Da saßen wir dann, eingepfercht in engen Reihen, krampfhaft versuchend im Seiza zu sitzen. Vor uns lagen Tuschefeder, Tusche und eine Sutra, die wir abschreiben sollten. Ich habe keine Ahnung, was sie bedeutet – aber wir haben auch ein Exemplar zum Studieren mit nach hause bekommen 😉

Es war sehr auffällig, dass wir alle das Schreiben mit Pinsel nicht geübt sind. Die einen versuchten ganz sauber zu schreiben, wie mit dem Stift, andere wischten ihre Zeichen so übers Papier – und alle kämpften mit schmerzenden Beinen, was den einen oder anderen dazu beflügelte noch schneller zu schreiben *g*. Trotz schmerzender Beine war es aber ein echtes Erlebnis! Während wir da so auf unseren Tatamimatten saßen, bei offenen Schiebetüren, die den Blick auf den Garten offenbarten, zog ein mächtiges Gewitter über uns hinweg. Es donnerte und schüttete, der Wind zog durch den Tempel und überall saßen Sutras abschreibende Menschen. Zwischendurch wurde kurz unterbrochen um die Sutra zu beten. Das war schon ziemlich mystisch – der Singsang, der Gong, der Regen, der Donner.

kokederaNoch mystischer war es, dass der Regen praktisch exakt für die Zeit andauerte, die wir im Tempel waren. Kaum kamen wir heraus, um den Garten zu besuchen, war es wieder trocken. Ein absoluter Glücksfall, denn Moos ist am schönsten, wenn es gerade geregnet hat.

Der Garten ist eine herzförmige Anlage, auf der verschlungene Wege durch die anmutig wirkende Landschaft führen. Insgesamt sollen 120 Moosarten im Garten wachsen. Von flauschig über stachelig, von giftgrün bis smaragdgrün, von dünn bis wellig wachselnd. Definitiv ein Ort, der zum Verweilen einlädt.

MatsuoTaishaDa der Tempel eigentlich nicht sooo weit weg von Kameoka liegt, wollte ich zu fuß bis Arashiyama laufen und dann vor dort aus mit dem Zug wieder nach hause. Für die Idee hatten sich schnell auch andere begeistern können und da Christian ganz in der Nähe wohnt hat er uns professionell fremdenführermäßig durch die Gassen geführt. Relativ bald kamen wir an einem der größten Schreine Kyotos vorbei: dem Matsuo Taisha. Dieser Schrein soll 701 gegründet worden sein. Neben verschiedenen Gartenanlagen beherbergt er drei große Holsskulpturen und eine berühmte Quelle, deren Wasser besonders gesund sein soll. Viele Sakebrauereien und Miso-Fabriken kommen hierher um für den Erfolg ihrer Unternehmen zu beten – das sieht man unter anderem an den vielen verschiedenen Sake-Spendenfässern auf dem Schreingelände.

Der Rückweg nach Arashiyama war dann doch länger als gedacht, aber es war auch ein schöner Spaziergang durch etwas noblere Wohngegenden Kyotos. Zum Abschluss haben wir eine kleine Frauenrunde bei Bier, Chu-Hi und Bento am Fluss gemacht. Abends ist es hier wirklich sehr schön – gerade wenn man sich an einen Fluss setzen kann. Leider wird es aber einfach viel zu früh dunkel.

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